Texel
Texel ist die westlichste und mit 13.641 Einwohnern die am dichtesten bevölkerte Insel der Westfriesischen Inseln vor der Nordseeküste der Niederlande. Sie entstand im Jahr 1170 durch die Allerheiligenflut, welche Texel und Wieringen vom Festland trennte. Aufgrund seiner vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt ist die 85km² große Insel ein beliebtes Touristenziel, weshalb ihre Bewohner ihr Einkommen hauptsächlich aus dem Tourismus oder der Gastronomie beziehen. Außerdem befindet sich auf Texel ein Forschungszentrum des Königlichen Niederländischen Instituts für Meeresforschung (Koninklijk Nederlands Instituut voor Onderzoek der Zee, NIOZ).
Texel vor dem Krieg
In den Jahren vor dem 2. Weltkrieg erfuhr der Tourismus, durch die VVV (Vereniging voor Vreemdelingenverkeer, dt: Vereinigung für Fremdenverkehr) gefördert, auf der Insel einen starken Aufschwung. Viele Texelaner vermieteten während der Urlaubssaison ihre Häuser an Touristen und schliefen in dieser Zeit in einer Scheune. Dies war eine wilkommene Einkommensquelle neben der Saisonarbeit auf den Feldern, von welcher viele von ihenen abhängig waren. Trotz der Armut vieler Familien konnte sich die Bevölkerung durch Anbau und Viehzucht selbst versorgen. Zwischen den Dörfern herrschte zu dieser Zeit noch wenig Kontakt. Die wohlhabenderern Bürger gingen regelmäßig in die Kirche und im Sommer in De Koog baden. Der Kontakt zur "Außenwelt" am Festland war nur gering. Texel und seine Bewohner waren abgesehen von den Touristen, dem wöchentlichen Montagsmarkt und gelegentlichen Einkäufen auf dem Festland autark. Es bestand seit der Eröffnung des Flugplatzes zwar eine direkte Flugverbindung nach Amsterdam, jedoch wurde diese nur von Geschäftsleuten oder reicheren Touristen beansprucht. Die NSB, die Nationalsozialistische Partei der Niederlande, erreichte bei den Wahlen für die Provinzialen Staaten in 1935 auf Texel mit 447 Stimmen 11.19%, ein deutlich größerer Anteil als landesweit (7.94%). Auch in den Wahlen für die zweite Kammer lag die Zustimmung auf Texel mit 7.19% über dem nationalen Durchschnitt (4,21%). Die Meinung zum Nationalsozialismus unter den Einwohnern waren gespalten. Viele sahen ihn in Hinsicht auf die Entwicklungen in Deutschland als Bedrohung für die Demokratie an, andere glaubten jedoch, er könne Gerechtigkeit und Wohlstand bringen. Als am 24. August 1939 die Vormobilisierung und am 29. August schließlich die volle Mobilisierung der Niederlänischen Streitkräfte angekündigt wurde, kam mehr Leben auf die Insel. Einige Texelaner, vor allem Jugenliche, meldeten sich beim Militär. Insgesamt 1470 Mann wurden auf der Insel stationiert, 1100 Teil der Landmacht und 370 Teil der Marine. Offiziere und Unteroffiziere wurden hauptsächlich bei den Insulanern untergebracht. Bis zum Mai 1940 lebten sie friedlich mit den Soldaten zusammen auf der Insel, welche nach starkem Schneefall im Winter mit einem selbstgebauten Schneepflug den Schnee räumten und am 30. April, dem Königinnentag, eine Parade veranstalteten und anschließend mit den Einwohnern feierten.
Texel im Krieg
Am 7. Mai 1940 wurde auf Texel ein Zustand "erhöhter Wachsamkeit" ausgerufen, in der nacht vom 9. auf den 10. Mai zwischen 4 und 5 Uhr empfing man auf der Insel die offizielle Meldung, die Niederlande befänden sich nun im Krieg gegen Deutschland. Auf Texel wurden strategische Durchgänge durch Soldaten, die auch "Spaanse ruiters", Spanische Reiter, genannt wurden, versperrt.Passieren durfte man nur nach der Nennung eines Losungswortes, bei welchem es sich oft um Wörter wie "Scheveningen" oder "Schapenscheren" handelte, von welchen angenommen wurde, dass die Deutschen sie nicht fehlerfrei aussprechen konnten. Die Insel wurde zudem nach deutschen Fallschirmspringern abgesucht und deutsche Flugzeuge wurden vor der Küste abgeschossen. Bereits am ersten Kriegstag wurden 40 Insulaner als vertrauensunwürdige Personen festgenommen, wovon ein großer Teil der NSB angehörte. Kurz nach Beginn des Krieges gegen Deutschland beschloss der Ministerrat, dass die Außen- und Kolonienminister nach England gebracht werden sollten. Vier Wasserflugzeuge wurden dazu bereitgestellt, von welchen zwei - Fokker R4 und G8 - bei De Mok auf Texel starteten. Sie erreichten Scheveningen kurz nach Fokker R3 und wurden auf dem Weg zum Strand von einer Messerschmitt in Brand geschossen. Die Deutschen bombardierten vor allem das Marineflugcamp De Mok, auch der Flugplatz "Vlijt" wurde angegriffen. Durch die Angriffe auf den Flugplatz, bei welchen bereits am 11. Mai einige deutsche Flieger landen konnten, jedoch kurze Zeit später in Brand geschossen wurden, wurde sowohl den niederlänsischen Soldaten als auch den Texelanern die Überlegenheit der Luftwaffe bewusst. Dennoch waren sie stolz, als sie erfuhren, dass der texeler Flugzeugmacher Anton J. Daniels sich mit seinem Wasserflugzeug an dem Kampf mit mehreren Messerschmitts beteiligt und einen abgeschossen hatte. Nach der Kapitulation der Niederlande am 14. Mai wurden alle übriggebliebenen Wasserflugzeuge auf Texel zerstört. Daniels bekam den Befehl, nach England zu fliehen. Einige Stunden nach der Kapitulation erreichte die Insel die Nachricht, dass der Texelaner Maarten Vlaming bei einem Bombardement auf Den Helder ums Leben gekommen war. Ungefähr zwei Wochen später kam der deutsche Quartiermeister Heinz Hlawatschek am 29. Mai als einer der ersten Besatzer mit der Fähre nach Texel. Nach einer weiteren Woche folgten ihm die dort stationierten deutschen Truppen.
Texel unter deutscher Besatzung
Nach der Ankunft der deutschen Soldaten auf Texel änderte sich das Leben auf der Insel für seine Bewohner kaum. Durch eigenen Anbau von Gemüse und Weizen sowie das gelegentliche Schlachten eines Tiers ihres Bestands konnten sie sich selbst ernähren, weshalb sie auf die Lebendmittelverteilung durch Lebensmittelmarken kaum angewiesen waren. Der Nordseestrand war zu Beginn der Besatzung noch fast vollkommen zugänglich, wurde später jedoch für die Öffentlichkeit geschlossen. Dies hatte zur Folge, dass das örtliche Schwimmbad "De Schans" bei Oudeschild wachsenden Zulauf erhielt. Der deutsche Kommandant und die meisten deutschen Offiziere wurden im Hotel "Lindeboom" untergebracht. Doch trotz des friedlichen Zustands wurden wie auch in anderen besetzten Gebieten von den Deutschen zahlreiche Gesetze erlassen, die Juden und Menschen anderer ethnischen Abstammung unterdrückten. Auch auf Texel konnte man beobachten, wie in die Fenstern der Läden allmählich "Für Juden verboten"-Schilder gehängt wurden. Ebenso mussten Juden durch einen gelben Stern erkennbar sein. Dies missfiel dem Ladeninhaber Jan Nauta so sehr, dass vor seinen Laden ein Schild hing, auf welchem stand "Für Deutsche Wehrmacht verboten". Dies und seine negative Einstellung gegenüber Deutschen führte dazu, dass die deutschen Soldaten seinen Laden mieden. Am 13. Juli wurde in den Burg ein Notkrankenhaus für Bürger errichtet. Grund dafür war die unregelmäßige Schiffsverbindung zum Festland und die Tatsache, dass der für Bürger zuständige Teil des Marinehospitals in Den Helder nach einem Luftangriff der Deutschen abgebrannt war. Als 1941 ein Nachfolger für den ersten Leiter des Krankenhauses, Dr. Brederode, gesucht wurde, wurde diese Aufgabe Dr. P. Veening als einzigen Kandidaten zugeteilt. Im Mai 1941 trat der Bürgermeister Texels nach einer langen Zeit in seinem Amt zurück und wurde durch den NSBler Rijk de Vries ersetzt.
Kurz nach der Ankunft der Besatzer entstanden bereits Pläne, eine Untergrundbewegung zu gründen. Zu den ersten Mitgliedern zählten u. a. die Gebrüder Snoek. Wim Kelder wurde schließlich Kommandant der Bewegung. Jacob Keijzer wurde zu seinem Stellvertreter ernannt und erhielt die Aufgabe, Kontakt zum Festland zu halten. Er erzählt von den ersten Kriegsjahren auf Texel: "Zu Kriegsbeginn war hier alles ziemlich ruhig. Die Texelaner sind gemütliche Menschen, und mit den Deutschen hatten wir nicht allzuviel SChwierigkeiten; aber natürlich hatten sie hier nichts zu suchen. Unserere Jungens wollten keinesfalls untätig bleiben. So klauten sie z. B. den Deutschen ein paar Pistolen, während diese sich im Kino von einem Film ablenken ließen. [...] Der Gebietskommandant in Alkmaar wollte, dass es auf Texel ruhig blieb. Einige Menschen tauchten auch auf Texel unter [...]. Wirkliche Sorgen bereitete uns am Anfang die hiesige NSB. 1940 hatte man natürlich über den Kriegsverlauf keinerlei Vorstellung. [...] Wir dachten: Stell' Dir vor, die Länder schließen ein ABkommen und die NSB ergreift hier die Macht. Wir mussten daher eine Organisation haben, um uns dagegen wehren zu können. [...] Wir gründeten daher eine Organisation, [...] der schließlich etwa 400 Leute angehörten." Heinz Hlawatschek wurde im Verlauf der Besatzung zu einem wichtigen Kontakt der Widerstandsbewegung. Als Quartiermacher war er über Durchsuchungen, Verhaftungen und Kontrollen gut informiert und ermöglichte so nicht nur das rechtzeitige Untertauchen gefährdeter Bürger, sondern auch das Schmuggeln von Lebensmitteln und Untertauchern von und zu der Insel.
Zu den deutschen Streitkräften, die sich auf Texel befanden, gehörten oft Hilfstruppen, welche den Ostlegionen angehörten. Sie wurden durch ein Emblem auf ihrer Uniform gekennzeichnet. In Mai 1943 wurde eine Britisch-Indische Batallion auf der Insel stationiert, wo sie die Küstenverteidigung unterstützten. Sie wurden am 16. September desselben Jahres durch das 803. Nordkaukasische Batallion ersetzt. Seine Mitglieder hatten nur wenig Kontakt zu den Texelanern und wurden von diesen als unwirsch empfunden. Am 10. Januar 1945 nahm schließlich das 822. Georgische Battallion ihren Platz ein. Den Deutschen erschien Texel als sicherster Ort für die Hilfstruppe, in welcher besonders starke Loyalität zur Sowjetunion und dem Kommunismus herrschte und sich eine kommunistische Gruppe gebildet hatte. Die Kaukasier verließen die Insel mit Ausnahme ihres Anführers Digurev, welcher im Hause "Pomona" untertauchte, Anfang Februar. Eugene Artemidze, der politische Führer des Batallions, nahm bereits am Abend seiner Ankunft Kontakt mit Keijzer auf. Keijzer äußert sich später zu diesem Besuch: "Ich war natürlich befremdet, denn wie kam der an meine Adresse? 'Von Kameraden', sagte er. 'Wir sollen jetzt nicht weiter darüber reden, sondern erst Freunde werden.', schlug er vor. Danach kam er jeden Abend und erzählte, was sie alles in Polen, Frankreich und Zandvoort erlebt hatten. Er wollte Vereinbarungen mit der Widerstandsbewegug treffen, aber schnell wurde mir deutlich, dass er die kommunistische Gruppe höher einstufte als die unsere. Das gefiel mir überhaupt nicht." Auch die restlichen Georgier waren während ihres Aufenthalts auf Texel sehr kontaktfreudig. Sie besuchten Familien, unterhielten sich mit den Dorfbewohnern (die meisten sprachen ausreichend Deutsch), um zu erfahren, wie sie über die deutschen Besatzer dachten und Nachrichten von der Front zu erhalten. Frau Boon Verberg erzählt von ihren Interaktionen mit den Georgiern: "Ich zeigte ihnen ein Foto Stalins. Von dem Moment an zählten sie uns zu den engsten Freunden der Sowjetunion [...]." In zahlreichen Treffen mit Mitgliedern des Widerstands planten die Georgier ihren Zusammenarbeit während des Aufstades. Sie teilten das Batallion in Gruppen ein, welche sich auf verschiedene Teile der Insel verteilen und alle Deutschen in diesem Bereich mit ihren Bajonetten so lautlos wie möglich töten sollten. Ende März wollte sich Artemidze auf das Festland begeben, um die kommunistische Partei über den Aufstand in Kenntnis zu setzen. Er erwartete, dass die an der Küste stationierten sowjetischen Kriegsgefangenen, dessen Zahl er auf ungefähr 16.000 schätzte, obwohl es sich maximal um 2.500 handeln konnte, ihrem Beispiel folgen und ebenfalls einen Aufstand beginnen würden. Am 31. März suchte Artemidze daher Keijzer auf und fragte ihn, ob er einen verlässlichen Arzt kenne, der ihn mit einer Geschlechtskrankheit infizieren könnte. Er hoffte, in das Militärkrankenhaus Heiloo geschickt zu werden und von dort aus einen gemeinsamen Aufstand organisieren zu können. Daraufhin empfahl Keijzer ihm, er solle besser mit einem Schiff nach Amsterdam reisen. Ein festes Datum wurde nicht beschlossen, Jaap Keijzer vermutetete jedoch, sie würden den 1. Mai - den Tag der Arbeit - wählen. Die Untergrundbewegung konnte nicht eingreifen, bis sie einen Befehl aus England empfing, diesem wollte sich Jacob Kijzer jedoch annehmen. Als die Georgier am 4. April von dem Befehl erfuhren, 500 von ihnen an die Front zu versetzen, wurde ihnen bewusst, dass sie schnell handeln mussten. Noch in derselben Nacht trafen sich 6 georgische Offiziere im Wald und beschlussen, den Aufstand in der Nacht auf den 6. April zu beginnen. Am 5. April, der Tag, an dem Kommandant Breitner den offiziellen Befehl zur Versetzung der Georgier gab, fanden bereits die gehetzten Vorbereitungen auf den Aufstand statt. Bettlaken wurden rot gefärbt, um später als Flagge zu dienen, und der Bäcker Theo Smit backte aus einem Zentner Mehl (100kg) Brote zur Versorgung. Am 6. April um 1:00 Uhr begann schließlich die Operation "Tag der Geburt".
Ostlegionen
Operation Barbarossa
Als "Operation Barbarossa" wird der Angriff Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion bezeichnet. Hitlers Blitzkriegstrategie, welche auf Schnelle und Stärke beruhte, zeigte zu Beginn des Krieges große Erfolge und drängte die Soldaten der Roten Armee vor allem im Süden in Richtung des Kaukasus weiter nach Osten. Die Soldaten, die dabei als Kriegsgefangene genommen wurden, stammten aus verschiedenen Sowjetvölkern, darunter Tartaren, Usbeken, Armenier und Georgier. Die Deutschen behandelten die sowjetischen Kriegsgefangenen wie "Untermenschen", in Nazi-Deutschland eine Klassifizierung, die auch den Juden zugeschrieben wurde.
Gefangenenlager
Bereits auf dem Weg zu den Gefangenenlagern starb ein großer Teil der Kriegsgefangenen. Sie erhielten von den Deutschen keine Nahrung und durften auch anderweitig keine annehmen, weshalb sie sich hauptsächlich von ausgegrabenen Wurzelknollen ernähren mussten. Trotz des folgenden Energiemangels mussten sie weite Strecken in kurzer Zeit zu Fuß zurücklegen, wobei sie selbst bei Minustemperaturen keine Kleidung von den Deutschen erhielten. Die daraus resultierende Anfälligkeit für Krankheiten und die mangelnde Hygenie in den Lagern führten zu Krankheiten, die oft mit dem Tod endeten. Noe Gabrielowitsch Congladze, stellvertretender Kommandant des 822. Georischen Bataillons, berichtet von seiner Zeit als Kriegsgefangener: "Am 10. August 1941 wurde ich schwerverwundet gefangengenommen. Man brachte mich in ein Lager in Borisov, bei Minsk. Die Verletzungen blieben unbehandelt. Im September wurden wir für einen Transport nach Warschau zusammengestellt. Bei Ankunft war die Hälfte von uns tot. Ich blieb bis April 1942. Insgesamt starben in dieser Zeoit 80% der Gefangenen." Manchmal veranstalteten die Wehrmachtssoldaten zu ihrer Unterhaltung kleine "Spiele". So mussten einmal alle Gefangenen über einen Balken laufen, während sie den Hitlergruß ausführten. Wer sich weigerte, wurde erschossen. Die Situation in den Lagern war so schlecht, dass selbst deutsche Offiziere sich bei der Armeeführung beschwehrten. Von den insgesamt 5,5 Millionen Kriegsgefangenen überlebte nur die Hälfte.
Aufbau der Ostlegionen
Als es der deutschen Armee Ende 1941 aufgrund starker Verluste an der Ostfront an Soldaten mangelte, begann die Wehrmacht, Hilfstruppen bestehend aus nichtrussischen Sowjetvölkern aufzubauen und als Ostlegionen in die Wehrmacht einzugliedern. Sie trugen die Unifom der Wehrmacht, auf welcher sich ein Emblem befand, das ihre Zugehörigkeit zu den Ostlegionen kennzeichnete. Bei dem ihrem Aufbau wurde versucht, die Kriegsgefangen davon zu überzeugen, dass sie mit ihrer Unterstützung die Sowjetunion vom zerstörerischen Kommunismus befreien konnten und somit ihrem Vaterland eine Ehre erwiesen. Dennoch entschlossen sich die meisten, die deutsche Uniform zu tragen, um den menschenunwürdigen Zuständen in den Gefangenenlagern zu entfliehen. Congladze berichtet, dass die Gefangenen, die sich weigerten, in die deutsceh Armee einzutreten, erschossen wurden. "Alles war besser als der Tod." Dies hatte zur Folge, dass die Ostlegionen trotz ihrer Stellung in der Wehrmacht noch immer der Ideologie der Sowjetunion treu geblieben waren. Allerdings brachte ihre Entscheidung auch Probleme mit sich: Sollten sie nach einer deutschen Niederlage in ihr Heimatland zurückkeheren, würden sie ausgestoßen werden, da sie Stalins Befehl "Kämpft bis zum Tod!" nicht befolgt hatten. Dies war einer der Gründe, aus welchen sich die Georgier auf Texel dazu entschieden, einen Aufstand zu beginnen. Ihnen war bereits klar geworden, dass Deutschland den Krieg verlieren würde, und erhofften sich, durch ihren Aufstand ihre Treue zu Stalin und der Sowjetunion zu beweisen.
Ein Beispiel Deutscher Propaganda
Eine besonders wichtige Zielgruppe der Deutschen Propaganda waren die Kaukasier. Mit dem Ziel, sie zum Eintreten in die Ostlegionen zu bewegen und die Loyalität der bereits bestehenden Legionen zu festigen, wurden am 19. Februar Richtlinien für die an kaukasische Völker gerichtete Propaganda folgende Richtlinien festgelegt:
- Das Deutsche Volk betrachtet die Völker des Kaukasus als befreundete Völker.
- Die Deutsche Wehrmacht garantiert für den Schutz der kaukasischen Völker und bringt gleichzeitig die Befreiung vom bolschewistischen Joch.
- Eingriffe seitens eines bolschewistischen, russischen oder englischen Imperialismus, worunter die Völker des Kaukasus lange und schwer gelitten haben, werden mit deutscher Hilfe in der Zukunft unmöglich gemacht.
- Die nationalen, kulturellen und ökonomischen Kräfte im Kaukasus sollen sich frei entwickeln können. Die unabhängige nationale und kulturelle Entwicklung soll unter dem Schutz deutscher Waffen stehen. Die alten Traditionen, Werte und Gewohnheiten sollen respektiert werden. Die kaukasischen Völker können sich dem versichert sein, dass ihre Muttersprache frei gesprochen werden darf. Ebenso können sie sich darauf verlassen, dass sie ihr eigenes Bildungssystem einrichten können. Auf dem religiösen Gebiet werden allen Kaukasus-Völkern und allen Religionen vollkommene Freiheit garantiert, ob Christen, Muslime oder von anderer Art.
- Durch das Kreieren einer weitreichenden Selbstbestimmung wird die nationale Entwicklung unter deutsche Garantie gestellt.
- Das System der Kollektivierung wird auf dem Gebiet der kaukasischen Völker aufgehoben. An dessen Stelle soll die Notwendigkeit an Land in Übereinstimmung mit den Lebensnotwendigkeiten der kaukasischen Völker geregelt werden.
- Das ökonomische Leben und der Handel sollen große Freiheit genießen. Das individuelle Handwerk soll wieder aufblühen.
Beziehung zwischen deutschen Soldaten und Ostlegionen
Trotz der schlechten Behandlung der Kriegsgefangenen durch die Deutschen schien zwischen den Mitgliedern der Ostlegionen und der Wehrmacht ein gewisser Respekt zu bestehen. Kommandant Breitner behauptet, seine georgische Ordonnanz einmal mit in den Urlaub genommen zu haben und diese ihn deswegen nicht habe erschiessen wollen. Zudem habe er eine Meuterei der Georgier für ausgeschlossen gehalten. Ihmzufolge sind alle Angehörigen der Ostlegionen ohne jeglichen Zwang und aus freiem Willen in die Wehrmacht eingetreten. Dieter Röhren, Rechnungsführer der 3. Kompanie, die damals unter Loladzes Kommando stand, schildert seine Beziehung zu den Georgiern: "Es gab zwar manchen Ärger, aber wir respektierten einander. Im allgemeinen kam ich gut mit den Georgiern zurecht." Dennoch warnten die Deutschen die Texelaner vor der Ankunft der Georgier, diese seien Kannibalen, von welchen man sich fernhalten sollte. Sie taten dies vermutlich, um eine mögliche Zusammenarbeit zwischen den Georgiern und den Insulanern gegen die Deutschen zu vermeiden.
Die Georgier hingegen hatten in ihrer Zeit in den Gefangenenlagern der Deutschen einen starken Hass auf die Deutschen entwickelt, welcher sich auch mit der Eingliederung in die Wehrmacht nicht legte. Congladze: "Wir beabsichtigten abzuwarten, bis die verwundeten sich erholt hatten und wir Waffen besaßen. Darin sahen wir unsere Chance. Dort [im Georgischen Batallion] lernte ich Loladze kennen. Wir schworen uns, Rache zu nehmen. "Artemidze erzählt noch Jahre später: "Ich sagte: 'Meine Uniform gehört Hitler, aber mein Herz gehört Stalin!'"