Der Aufstand der Georgier

"Texel ist frei! Es lebe die Sowjetunion, es lebe Holland!"


Grab des georgischen Kommandanten Loladze auf dem Georgierfriedhof

6. April 1945, 1:00 Uhr. Ein Schuss signalisiert den Beginn eines Aufstandes, der in den Niederlanden heute als "Russenoorlog" - Russenkrieg - bezeichnet wird. Die auf der westfriesischen Insel Texel stationierten Georgier hatten bereits seit Monaten ihren Aufstand gegen die Deutschen geplant. Jedem Georgier wurde mitgeteilt, welchen Deutschen er wo töten sollte. Durch die Bajonette der Georgier kamen in dieser Nacht fast alle 400 Deutsche des 822. Georgischen Infanteriebatallions ums Leben. Bald erreichten jedoch deutsche Verstärkungstruppen die Insel, von welchen ein großer Teil in der über einen Monat langen Schlacht mit den 800 Georgiern den Tod finden würde.

Der Aufstand der Georgier auf Texel wird oft als das letzte Schlachtfeld Westeuropas im zweiten Weltkrieg bezeichnet, ist jedoch außerhalb der niedeländischen Insel größtenteils in Vergessenheit geraten. Er gibt nicht nur Aufschluss über das Aufeinandertreffen verschiedener Ideologien im Zweiten Weltkrieg, sondern ist auch ein faszinierendes Beispiel für eine Situation, in welcher sich die Bürger im Krieg ihren Besatzern widersetzt haben. Die Einwohner Texels spielten in dem Aufstand eine außergewöhnlich wichtige Rolle, indem sie den Georgiern Schutz, Nahrung und medizinische Versorgung baten. Einige von ihnen schlossen sich den Georgiern sogar im Feld an. Selbst nach der Drohung der Deutschen, dass jedes Haus, in welchem ein Georgier gefunden wurde, niedergebrannt werde, gingen viele das Risiko ein, einen Georgier bei sich aufzunehmen und zu versorgen. Durch ihre Hilfe überlebten 228 Georgier die blutige Meuterei, die vor allem von Hass und Verbitterung geprägt war. 89 Bürger verloren in dieser Zeit ihr Leben, die Insel wurde verwüstet. Aus diesen und weiteren Gründen herrschen unter den Texelanern, die den Aufstand miterlebt haben, gemischte Gefühle zu den Georgiern. Nicht von allen werden sie als die Märtyrer und Befreier der Insel angesehen, als welche sie oft dargestellt werden. Sie haben das Leiden nicht vergessen, das die Georgier der Bevölkerung Texels mit ihrer Revolte gebracht haben.

Geht man heutzutage aufmerksam über die Insel, sind die Nachwirkungen des "Russenoorlogs" noch deutlich zu erkennen. Der Georgierfriedhof auf dem Hoge Berg, mit 25 m. ü. NN. der höchste Punkt der Insel, ist nur einer der zahlreichen Orte, die an die Schlacht, die die deutsche Kapitulation überdauerte, erinnern. An vielen von ihnen findet man nun Informationen über den Aufstand in Form von Infotafeln, Schildern oder Büchern. Auch heute eher unscheinbare Plätze und Gebäude spielten in dem Aufstand eine große Rolle. So liegt auf dem Bauernhof "Texla" außerhalb Den Burgs noch der gleichnamige Bunker, zu welchem die Georgier aufgegriffene Deutsche brachten und anschließend erschossen. Er war auch der Ort, an welchem sich die Holländer meldeten, um Waffen zu erhalten und mit den Georgiern zu kämpfen. Nun befindet er sich auf Privatgelände, zum Großteil von einem Hügel umgeben. Ähnliches spielte sich in anderen Regionen der Insel ab; in der Bucht Mokbaai im Süden Texels befand sich eine der Südbatterien, bei welcher sowohl Georgier als auch Texelaner erschossen wurden. Der Leuchtturm, ein beliebtes Touristenziel, war die letzte Front der Georgier bevor die Insel wieder vollkommen in deutsche Hände fiel, durch den Kampf so beschädigt, dass er schließlich eine neue Außenwand benötigte. Auch hinter vielen Bauernhöfen verbergen sich Geschichten von Familien, die ihr Leben aufs Spiel setzten, indem den Georgiern halfen und sie aufnahmen. Auf dieser Website wird nicht nur der Ablauf der Meuterei detailliert beschrieben, sondern auch das Verhältnis der Texelaner zu den Aufständigen anhand dieser Einzelgeschichten dargestellt und die daraus folgende Reaktion der Bürger auf die Revolte erklärt. Ihr Ziel ist es, ein Licht auf diese vergessene letzte Schlacht zu scheinen und Leser dazu anzuregen, sich eine eigene Meinung darüber zu bilden.